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Drei Chöre vereint in der Probe für die "Neunte", am Klavier Bernd Eberhardt, Dirigat Stefan Kordes | © Wortmann
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Vorfreude auf den großen Klang – Das Göttinger Symphonieorchester mit den Chören St. Jakobi, Stadtkantorei und der Universität endlich wieder in der Stadthalle

Die hohen A's überleben

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von Niklas Foitzik, erschienen am 25. Januar 2024

Für das Eröffnungskonzert der sanierten Göttinger Stadthalle steht die 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven auf dem Programm. Beteiligt sind drei Chöre, die Kantorei St. Jacobi, die Göttinger Stadtkantorei und der Göttinger Universitätschor. Um das Konzert mit dem Göttinger Symphonieorchester unter der Leitung von Nicholas Milton perfekt zu präsentieren, haben sich die drei Chöre zu einer gemeinsamen Probe verabredet. Kulturbüro-Autor Niklas Foitzik hat die Probe besucht.

Es ist bitterkalt, als ich mit aufgeregten Sänger:innen aus dem überfüllten Stadtbus steige. Einige stapfen sofort zielstrebig auf das Universitätsgebäude zu. Andere verweilen kurz, orientieren sich. Eine Sängerin der Kantorei St. Jacobi fragt ein anderes Chormitglied, wo sie denn jetzt hinmüssten. Er antwortet, nachdem er sich kurz umblickt: „Wahrscheinlich immer den Menschen nach.“ Fremde mit demselben Ziel – ein wenig Verwirrung gehört wohl dazu, wenn drei Chöre sich zu ihrer ersten gemeinsamen Probe treffen. Der Chor der Stadtkantorei Göttingen, der Kantorei St. Jacobi und der Universitätschor sollen schon nächsten Samstag als ein großer Superchor den 4. Satz von Beethovens Symphonie Nr. 9 in d-Moll op. 125. singen. Zur Eröffnung der frisch renovierten Stadthalle Göttingen spielt das Göttinger Symphonieorchester unter Leitung Nicholas Miltons Beethovens Neunte – und kein Chor in Göttingen ist groß genug, allein um die opulente Dramatik der „Ode an die Freude“ in diesem Rahmen u füllen.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Kantorei-Chöre miteinander singen, wie Jens Wortmann, Mitglied im Chor der Stadtkantorei und Leiter der Universitätsmusik Göttingen, freudig ausführt. Neben einem Flashmop-Singen auf dem Marktplatz in Göttingen während der Händelfestspiele 2012, bei dem mehr als 400 Sänger:innen sangen – die alteingesessenen Göttinger und Göttingerinnen werden sich erinnern – gab es 2018 schon eine gemeinsame Reise der beiden Kantoreien nach Thorn, bei der mit dem Göttinger Symphonieorchester und dem Thorner Symphonieorchester Gustav Mahlers 2. Symphonie aufgeführt wurde, nach einer gemeinsamen Aufführung in der alten Stadthalle Göttingen. Er freue sich besonders, dass diesmal auch der Göttinger Universitätschor bei diesem Gemeinschaftsprojekt mit dabei ist – auch wenn der künstlerische Leiter des Universitätschores Antonius Adamske heute bei der Probe nicht dabei sein kann.

Der junge Sänger vom Anfang sollte mit seiner Einschätzung recht behalten, denn der bereitgestellte Hörsaal ist schon voller aufgeregter, plaudernder Leute und somit einfach zu finden. Es werden bekannte Gesichter gegrüßt, fremde interessiert beschaut und über die schwierigsten Passagen und Takte gefachsimpelt. Inmitten dieser Menge – es sind an die 200 Sänger:innen – findet sich dann auch ein kleiner Reporter für das Kulturbüro Göttingen, der sich erstmal orientieren muss, sich dann mittig in der letzten Reihe des Hörsaals platziert und in der Hektik es versäumt, sich angemessen bei der Chorleitung vorzustellen – kleiner Fehlstart, setzen. Es folgt zum Glück Musik.

Der Chor gruppiert sich unter mir. Bassgruppe rechts, darunter der Sopran, Alt links unten, darüber der Tenor. Noch nicht perfekt und nicht sonderlich eng, aber für das folgende Einsingen ist die genaue Position auch nicht so wichtig. Was mir an Chören immer wieder auffällt, ist wie problemlos sie Generationengrenzen überwinden – Jung und Alt stehen nebeneinander, schütteres neben pinken Haaren. Menschen im Chor verbindet die Freude am Singen und der Musik. 

Jens Wortmann richtet ein paar kurze Begrüßungsworte an die Chöre, schließlich findet die Probe in den Räumlichkeiten der Universität statt und begibt sich dann wieder auf seinen Platz in den Reihen der Chöre, denn er ist hier primär als Sänger. Die Leitung der Probe obliegt den Kantoren von St. Jakobi und der Stadtkantorei.

Stefan Kordes (St. Jakobi) und Bernd Eberhardt (Stadtkantorei) haben sichtlich Spaß in ihrer Zusammenarbeit. Eberhardt übernimmt das Stage-Piano, Kordes dirigiert. Nach dem gemeinsamen Einsingen wird der Chor geteilt. Tenor und Sopran verlassen den Hörsaal zur Detailarbeit mit Bernd Eberhardt, Bass und Alt bleiben im großen Hörsaal mit Stefan Kordes. 

In der zweiten Hälfte singt der Chor dann endlich zusammen. Stefan Kordes leitet an und bessert nach, vergisst in der Konzentration auf die perfekte Klangfarbe auch mal kurz das Dirigieren. Bernd Eberhardt begleitet am Klavier, was für sich schon beeindruckend wäre. Doch der Chor füllt den großen Hörsaal im Waldweg mit Klang. Natürlich ist noch nicht alles perfekt. Da muss „der Sopran die hohen As überleben“ und der Bass mal „entspannt bleiben und steuern“, an anderer Stelle beklemmend zittern. „Millionen“ bitte ohne „j“, dafür aber mit Glottisschlag, wie die Linguisten unter uns wissen, das klingt einfach besser. –  Am Ende sind alle dann ein wenig erschöpft, jedoch sichtlich zufrieden und ich finde Zeit, für eine kurze Vorstellung und ein paar Fragen.

Bernd Eberhardt weist darauf hin, dass die Chorpassagen in Beethovens Neunter eine Herausforderung an die Sänger:innen stellt, weil sie einerseits so hoch sind und andererseits zumindest der Anfang rhythmisch anspruchsvoll. Er und Stefan Kordes werden nicht müde zu betonen, dass der Chor in dieser Symphonie streng nach Taktstock Nicholas Miltons singen muss, da insbesondere der Bass fast schon antagonistisch nahezu durchgängig im Offbeat den 4. Satz beginnt oder, wie es Eberhardt treffend pointiert noch während der Probe ausdrückt, nach allen Registern „in der Ursuppe herumrührt.“ Der Chor muss darüber „rhythmisch wie ‘ne eins stehen“, ansonsten laufe der ganze Satz auseinander.

Auseinander läuft der Chor dann wirklich. In kleinen Gruppen, allein, zu zweit. Schließlich noch der Hinweis: schwarz auf schwarz, keine großen Mappen – Es scheint eng zu werden auf der Bühne mit so vielen tollen Sänger:innen, aber wenn Chöre miteinander kuscheln, müssen sie manchmal auch dicht zusammenstehen.

Auf dem Weg nach Hause warte ich mit der gleichen Gruppe wieder auf den Bus und nutze die Gelegenheit, noch ein paar Eindrücke der Sänger:innen zu sammeln: Susanne vom Jakobichor beschreibt das Gefühl, in so einer großen Gruppe zu singen, mit einer Anekdote aus ihrer Kindheit: als Flötistin saß sie zum ersten Mal im Schulorchester, um sie herum plötzlich nur Musik. Ein kleiner Teil eines solchen Organs zu sein, dass so überwältigend Klang erzeugt, hat sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. An diesem Abend hatte sie wieder dieses Gefühl. Ohne selbst im Chor zu stehen, muss ich gestehen, dass auch ich beeindruckt bin von der Kraft, die so ein großer Chor, so viele talentierte Menschen erzeugen. Baden in einem Meer aus Musik – Symphonische Musik erzeugt dieses Gefühl. Einstweilen brachial, aber auch still, in der Spannung und in der Pause. Gedanken wie diese lassen mich voller Vorfreude auf das Eröffnungskonzert blicken und es wird spannend werden wie der Chor mit den Solist:innen, Nika Gorič (Sopran), Ulrike Malotta (Alt), Sven Hjörleifson (Tenor) und Stephan Klemm (Bass), und dem Orchester im neuen alten großen Saal der Stadthalle dann klingen werden. 

Nun stellt sich noch die Frage, was sich denn an der Stadthalle Göttingen verändert hat, dazu reisen wir kurz ins Jahr 2018 zurück. Zu diesem Zeitpunkt war das Gebäude über 50 Jahre als Versammlungs- und Konzerthalle genutzt worden und seit ihrer Fertigstellung 1964 weitestgehend unrenoviert. In einem Gutachten wurden daher erhebliche Mängel an der Baumasse festgestellt, die sowohl mit Sicherheits- als auch Qualitätsproblemen einhergingen. 2018 wurde daher das Architekturbüro Soll Sasse mit der Sanierung beauftragt, das auch die bauliche Erweiterung sondieren sollte. Die Renovierung ist überdies in einen größeren städtebaulichen Rahmenplan eingebettet, der nicht bei dem Gebäude der Stadthalle aufhört, sondern auch eine Neuordnung und Umgestaltung des Albaniplatzes beinhaltet. Ziel der Raumplanung ist die Aufwertung des Areals um die Stadthalle herum, als Ort für Kultur und Freizeit, der zum Verweilen einladen soll. Wie gut dieses Vorhaben in Zukunft gelingen wird, bleibt abzuwarten; mit dem Umbau der Stadthalle zeigt sich der Träger jedoch – trotz in den letzten Jahren gestiegener Baukosten – bis dato sehr zufrieden.

Wie zufrieden die Zuhörer:innen und Musiker:innen mit der Innensanierung sind und ob diese als Erfolg bewertet werden kann, wird am kommenden Samstag, den 28. Januar im bereits seit Monaten ausverkauftem Konzert erfahren werden, wenn das Göttinger Symphonieorchester unter der Leitung seines Chefdirigenten Nicholas Milton sowie die Kantorei St. Jacobi, die Göttinger Stadtkantorei sowie der Göttinger Universitätschor den großen Saal mit Klang füllen. Die Chorleiter Stefan Kordes, Bernd Eberhardt und Antonius Adamske werden dann im Publikum sitzen und mit geschulten Ohren den Klängen lauschen.

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