Im zweiten Familienkonzert der Saison gab es eine ganz besondere, eigens vom Komponisten kreierte Gattung zu hören: das Orchesterhörspiel, dem sich Komponist Henrik Albrecht (*1969) neben Hörspielvertonungen und Film- und Theatermusik besonders widmet. In seiner Reihe der Orchesterhörspiele haucht er klassischer Weltliteratur neues Leben ein, indem er sie für drei Sprecher und ein Orchester bearbeitet.
So durften an diesem Nachmittag viele kleine und große Kinder erfahren, wie spannend und dramatisch Jules Vernes 150 Jahre alter Klassiker „20.000 Meilen unter dem Meer“ ist. Den Text verfasste Komponist Albrecht selbst. Er kürzte die Geschichte geschickt auf die Haupthandlung, sodass sich eine für Familienkonzerte angemessene Gesamtlänge von 75 Minuten ergibt. Auch die Aufteilung auf drei Sprecher gelingt ihm wunderbar, ohne dass man als Zuhörer:in etwas vermisst. Alexander Cern (Erzähler/Professor Aronnax), Benjamin Kempf (Harpunier Ned Land) und Florian Eppinger (Kapitän Nemo) übernahmen diese Rollen mit Bravour. Spannend und mit Ausdruck trieben sie die Geschichte voran - man konnte gar nicht anders als gefesselt zuzuhören.
Dem literarischen Werk von Jules Verne entsprechend war auch die Musik spannungsgeladen und dramatisch. Gastdirigentin Maria Benyumova verstand es, Sprecher und Musiker in Einklang zu bringen. Wort und Musik ergänzten sich kongenial und alle Charakterzüge des Meeres und der Seefahrt wurden musikalisch erfasst. Gleich zu Beginn übte Benyumova mit der gut gefüllten Stadthalle zwei Seemannslieder ein, sodass für die Besucher:innen das Gefühl entstand, mit auf hoher See zu sein. An den passenden Stellen konnte man dann auch frohen Mutes mit in die Lieder einstimmen, zusammen mit den hervorragend seemännisch singenden Schauspielern. Besonders sinnlich wurden die Momente in der Unterwasserwelt: Harfe und Celesta erzeugten kristalline Klänge, Lichteffekte sorgten für ein schimmerndes Blau. Wie schwebend im Wasser, umgeben von bunten Fischen und Korallen wähnte man sich… Doch diese faszinierende Stille des Meeres währte nie lange. Seeungeheuer, Stürme, laute Motoren der Nautilus – dies alles bedachte Komponist Albrecht mit der breiten Instrumentenpalette eines sinfonischen Orchesters und brachte die tobende See beeindruckend zum Klingen, dass einem gleich mit angst und bange wurde. Stilistisch vielfältig gestaltete sich das Orchesterhörspiel, von liedhaft über klassisch und modern bis zu Elementen aus Tanz und Jazz. Und Dirigentin Benyumova leitete die Musiker:innen präsent und präzise an, mal dezent, mal energisch, und immer leicht mitwippend der Musik hingegeben, sodass auch die Musiker:innen ganz in der Musik aufgingen und auf höchstem Niveau eine wahrhaft eindrucksvolle Interpretation zum Hören brachten.
Schauspieler und GSO bescherten an diesem Nachmittag ein neues Hörspielerlebnis, bei dem Wort und Musik gleichwertig auftraten und einander in Spannung und Dramatik verstärkten. Sie huben die Fantasie der Zuhörer:innen auf eine neue Stufe und ließen die Geschichte mit packender Intensität erfahren. Dafür bekamen sie anhaltenden und jubelnden Applaus. Und ohne den Komponisten Henrik Albrecht hätte es dieses wunderbare Orchesterhörspiel gar nicht gegeben. Er war an diesem Nachmittag auch anwesend, wurde begeistert auf der Bühne begrüßt und bekam ebenfalls seinen verdienten Applaus.