„Wir sind zurück!“ rief Nicholas Milton in den Saal der vollbesetzten Stadthalle. Als Antwort kam tosender Applaus vom Publikum. Im frisch sanierten Gebäude gab es den Startschuss zu einem Testbetrieb der Stadthalle mit einigen unterschiedlichen Veranstaltungen. Am 27. Januar wird die Halle dann offiziell mit der Aufführung von Beethovens 9. Sinfonie eröffnet. Jetzt gab es den Auftakt des Probebetriebs mit der Sonntagsmatinee des Göttinger Symphonieorchesters.
Der Applaus zur Begrüßung der Musiker:innen klang schon einmal gut. Das Orchester spielte in kleinerer Besetzung, so dass die Vorbühne nicht aufgebaut werden musste. Die leuchtenden Akustiksegel in der Halle waren sehr weit heruntergefahren. Hier wird sicher weiter experimentiert, bis die optimalen Einstellungen gefunden sind.
Die ersten Töne aus Beethovens Leonoren-Ouvertüre machten schnell klar, was für akustische Auswirkungen der Umbau hat: die Orchesterstimmen erklangen sehr deutlich und transparent. Chefdirigent Nicholas Milton kostete diesen Effekt wunderbar aus und ließ die Instrumente bisweilen im zarten Pianissimo spielen. Damit schuf Milton enorme Spannungsbögen. Gerade in der stimmungsreichen Leonoren 3 – Ouvertüre gibt es so viele verschiedene Stimmungen, angefangen vom modrigen Geruch des Kerkers am Anfang bis hin zum strahlenden Siegesmarsch am Ende. Die damit verbunden Emotionen wurden hör- und spürbar.
Das setzte sich in der 2. Sinfonie D-Dur von Johannes Brahms fort. Der Komponist hat darin zahlreiche Orchesterinstrumente mit besonderen Aufgaben bedacht: das gesangvolle Hauptthema im ersten Satz bei den Hörnern oder das schwelgerische Seitenthema gespielt von den Bratschen und Celli seien beispielhaft genannt. Nicholas Milton spannte enorm große Bögen in der Musik, die ihre Wirkung nicht verfehlten: das Publikum musste seine Begeisterung zwischen den Sätzen mit Applaus zeigen – in klassischen Sinfoniekonzerten ist das eher unüblich. Nach dem fulminanten Schluss der Sinfonie gab es zahlreiche Bravo-Rufe zum begeisternden Applaus.
Neben den zahlreichen Details in Technik, Licht, Sicherheit und Luft, die bei der Sanierung der Stadthalle verbessert worden sind, ist die verbesserte Akustik besonders festzuhalten. Und dennoch ist das Ergebnis nicht perfekt. Der Klang bricht kurz vor der Bühne ab, die Musik erklingt dadurch spürbar distanziert. Dies wäre nur durch einen Neubau der Halle möglich gewesen, der die Eigenschaften berücksichtigt hätte, die ein Konzerthaus benötigt. Aber dennoch ist das Ergebnis auch akustisch positiv zu beurteilen.
Die Göttingerinnen und Göttinger dürfen sich auf die zahlreichen bevorstehenden Konzerte freuen. Die nächste Gelegenheit bei der nächsten Sonntagsmatinee des GSO am 12. November um 11.30 Uhr. Neben dem Violinkonzert von Erich Wolfang Korngold und dem Solisten Edward Walton erklingen unter anderem die Symphonischen Tänze aus der »West Side Story« von Leonard Bernstein.