Eine konzertante Geburtstagsfeier präsentierte Gerrit Zitterbart zu Ehren von Franz Schuberts 225. Geburtstag. Tina Fibiger berichtet über eine klangvolle Zeitreise der besonderen Art.
Eine besonders herzliche Begrüßung erwartet die Geburtstagsgäste im Clavier-Salon. Über eine so nette Gesellschaft, bekundet Gerrit Zitterbart, hätte sich Schubert wahrscheinlich gefreut. Die konzertante Feier mit zwei Klaviersonaten von Franz Schubert verbindet der musikalische Gastgeber wie so oft auch gern mit einer kleinen Zeitreise, um sein Publikum ein bisschen hellhöriger für das Konzertprogramm und für historische Klangbilder zu machen, die er in seinem Clavier-Salon pflegt.
An dem Flügel von 1825, von einem anonym gebliebenen Klavierbauer, auf dem Zitterbart die beiden A-Dur Sonaten spielen wird, hätte Schubert vermutlich gerne komponiert. Nachweislich soll er zeit seines Lebens überhaupt nur einen Flügel besessen haben, wie der Sammler historischer Tasteninstrumente erzählt. Er beschreibt ihn als alt, abgehalftert und überholt und als sogenannten Oldtimer von 1800, an dem über lange Jahre viele der Werke entstanden, die bei seinen Konzertabenden an Instrumenten erklangen, wie sie in Wien damals en vogue waren.
Für seine musikalische Widmung zum 225. Geburtstag von Franz Schubert in A-Dur hat Gerrit Zitterbart eine frühe und eine späte Klaviersonate ausgewählt. Neun Jahre liegen zwischen den beiden Werken, mit denen er nicht nur den unglaublichen Reifeprozess eines jungen Komponisten nachzeichnet, sondern auch mit der Liedform ein prägendes Merkmal Schubertscher Klangkunst am Klavier. In heiter anmutenden und melodischen Variationen erklingt das Thema in der A-Dur Sonate von 1819 mit kleinen dramatischen Nuancen. Im Andante erfahren die Motive im zweiten Satz eine melancholische Färbung, ohne dass sich die Stimmung in einer wehmütigen Tragik verliert, sondern dann auch in den zarten Figurinen aufhorchen lässt. Schon in dieser frühen Sonate betont Zitterbart in Schubert den reflektierenden Klangmaler in seiner subtilen Zeichensprache. Da beschwingen die Motive im Allegretto wie Klangfantasien, die eine impulsive Wendung nehmen, in kleinen Wirbeln und Figurinen aufblühen oder wie ein spontanes kleines Feuerwerk aufflammen, bis Schubert sie wieder zur Ordnung zu rufen scheint. Noch will das Lied „Licht sein“, wie es in einem Gedicht des spanischen Dramatikers und Lyrikers Federico Garcia Lorca heißt. Doch schon in dieser frühen Sonate klingen bereits die tragischen Mollschattierungen an, die Schubert auch in seinen Liederzyklen so leidenschaftlich und virtuos veredelte.
Impulsiven Charakter hat auch der dramatische Auftakt in Schuberts später A-Dur Sonate Opus posthum mit einer Fülle an kontrastierenden Motiven und Stimmungen, so als ob sich hier ein Sturm von Gedankensplittern zusammenbraut, den es in Freiräume treibt, in denen der harmonische Fluss ständig gebrochen wird. Es sind Klangbilder, die an eine wilde, zerklüftete Gebirgslandschaft erinnern, mit dem Pianisten als Gipfelstürmer, dem nur wenige Momente des Verweilens vor der nächsten dramatischen Wendung vergönnt sind. Schon dieses Allegro verdient den Beinamen furioso, doch Schubert hat sich wenige Monate vor seinem Tod in dieser Sonate auch in den gespenstischen Dimensionen seines Pandämoniums gewidmet. Der langsame Satz sei für ihn der Mittelpunkt des Stückes, hatte Gerrit Zitterbart in seiner Einführung erklärt, dass sich in diesem Andante die Erde auftue und die Hölle sichtbar werde. Schon bald verwandelt sich das schlichte Lied mit einem Hauch von Tragik, Düsternis und Einsamkeit in ein Klanginferno, in dem die Arpeggien und die mächtigen Akkorde nur noch zu wüten scheinen, bis es zu einem letzten zarten melodischen Seufzer kommt. Dem tänzerisch aufmunternden Scherzo mit dem Allegro vivace lässt Zitterbart auch einen zwiespältigen Charakter erklingen, so als umspiele Schubert hier die existenziellen Wogen noch einmal charmant und nur ab und an mit einem Hauch von Dramatik nuancierend. Das tragische Lied des zweiten Satzes darf dann im Rondo noch einmal Licht sein. Auch im Allegretto erinnert der Pianist wieder an den reflektierenden Klangmaler, daran wie er bis zuletzt aus einer wunderbaren Fülle von Ideen und Fantasien schöpfte und auch aus melodischen Glücksmomenten mit dieser A-Dur Sonate eine Symphonie für Klavier komponierte.