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AOV

Musik mit viel Liebe zum Detail

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Winterkonzert mit Glière und Tschaikowsky
Rezension von Jens Wortmann - Erschienen am 30.Januar 2023

Die Akademische Orchestervereinigung (AOV) hatte zu ihren Winterkonzerten eingeladen: auf dem Programm standen das Hornkonzert in B-Dur von Reinhold Glière mit dem Hornisten Ivo Dudler sowie die Sinfonie Nr. 4 in f-Moll von Pjotr Tschaikowsky. 

Zwei Werke wurden präsentiert, die laut Programmheft „in ihrer Wirkung unterschiedlicher nicht sein könnten“. In der Tat war die Konzerteröffnung mit dem Hornkonzert ein fröhlicher Auftakt, mit viel Lust zu Melodien und Virtuosität. Dieses 1950 entstandene Werk ist ganz der Romantik verpflichtet. Glière hat dem Solisten zahlreiche Melodien aufgetragen – zum Teil schlicht klingend, aber technisch durchaus eine Herausforderung. Die Schlichtheit der Komposition ist vielleicht auch die Schwäche des Stückes. Für den Solisten aber bleibt es eine Herausforderung. Der Schweizer Hornist Ivo Dudler nahm diese Herausforderung an und ließ sein Instrument singen. Mit warmem Ton und völlig unaufdringlich gestaltete der Solohornist der NDR Radiophilharmonie seinen Solopart in dieser selten zu hörenden Komposition. Ein Höhepunkt war die Kadenz. Während häufig die Kadenz von Valery Polekh gespielt wird, der das Stück in Leningrad 1951 uraufgeführt hat, spielte Dudler eine eigene Kadenz. Gespickt mit hohen technischen Schwierigkeiten, vor allem aber mit großer Spielfreude und Ausstrahlung. Etwas mehr von dieser fröhlichen Extrovertiertheit hätte dem gesamten Werk vielleicht noch etwas mehr Spannung verliehen.

Gespannt sein konnte man auf die Sinfonie Nr. 4 von Tschaikowsky. Der Begriff „Schicksalssinfonie“ ist zwar der 5. von Beethoven vorbehalten. Auf Tschaikowskys 1878 uraufgeführtes Werk würde die Bezeichnung jedoch mindestens genauso gut passen: der Komponist litt in der Zeit an Depressionen und Selbstzweifeln – und so beginnt das Werk mit einer gewaltigen Blechbläserfanfare, in die dann Hörner und Fagotte einfallen. Der Komponist sprach selbst von einem „Fatum, jene Schicksalsgewalt, die unser Streben nach Glück verhindert“. Immer wieder erklingt in der Musik die Sehnsucht nach Glück. In dieser Sinfonie liegen so viele Emotionen, dass eine Aufführung für jedes Orchester eine besondere Herausforderung ist.

Die Musiker:innen der AOV haben diese Herausforderung mit Bravour bestanden. Das hatte vor allem zwei Gründe: zum einen herausragende Einzelleistungen im Orchester, beispielhaft seien hier der Fagottist Nikolas Franzki sowie die Hornbesetzung mit Tobias Bätge, Endre Toth, Annika Knepper und Gabriel Zachmann genannt. Flöte, Oboe und auch die Blechbläser standen ihnen kaum nach. Zum anderen war das der Klang des Streicherapparates mit der Konzertmeisterin Katharina Diepold. Vor allem in den Geigen und Bratschen wurden mit großen Bögen satte Klänge erzeugt und die Emotionen in der Partitur zu Gehör gebracht. Man darf wohl unterstellen, dass der Dirigent und studierte Violinist hier viel Aufmerksamkeit und Expertise in den Proben eingebracht hat. Das Ergebnis war jedenfalls herausragend.

Überhaupt gestaltete Piero Lombardi die Musik mit viel Liebe zum Detail: die großen Spannungen im Werk wurden mit feinen dynamischen Abstufungen herausgearbeitet. Mal ließ er seine überwiegend jungen Musiker:innen einfach spielen, mal drosselte er das Tempo ein wenig, mal zog er es an – sein Orchester folgte dem Dirigat zu jederzeit und sehr präzise.

Nach den fulminanten Schlussakkorden gab es eine kleine Kunstpause, bevor sich die Begeisterung des Publikums in der sehr gut gefüllten Universitätsaula in tosendem Applaus entzündete.