Am 27. September 2022 trafen sich Vertreter:innen der sechs niedersächsischen Kommunaltheater und Orchester, um einen Notruf über die alarmierenden Finanzierungszustände in Richtung Landesregierung abzusetzen. Die nahezu ausschließlich auf den Schultern der Kommunen, den Theatern und den Orchestern abgeladenen Mehrkosten drohen diese zu erdrücken. Mit der gemeinsamen Formulierung ihrer Erwartungen appellieren die Vertreter:innen an die Landesregierung, ihrer verfassungsmäßigen Verantwortung für die kommunalen Theater und Orchester nachzukommen und damit drohende Schließungen zu verhindern.
Die sechs niedersächsischen Kommunaltheater in Celle, Göttingen, Hildesheim, Lüneburg, Osnabrück und Wilhelmshaven sowie das Göttinger Symphonieorchester stehen für die kulturelle Vielfalt Niedersachsens, sowohl in den Oberzentren als auch in den ländlichen Räumen. Sie spielen nicht nur in ihren Theatern bzw. Orchestersälen, sondern in nahezu allen niedersächsischen Landkreisen in unterschiedlichen Spielstätten und erreichen jährlich mit mehr als 3.000 Veranstaltungen rund 800.000 Besucher:innen.
Göttingens Oberbürgermeisterin Petra Broistedt – Verhandlungsführerin gegenüber der Landesregierung – betont die Wichtigkeit der Theater und Orchester: „In der derzeitigen gesellschaftlichen Umbruchsituation sind die kommunalen Bühnen unverzichtbar als Orte, die mit ihren Programmen und Partizipationsprojekten wesentlich zum Zusammenhalt der immer diverser werdenden Gesellschaft beitragen, die eine intensive Kinder- und Jugendarbeit betreiben und die Diskurse über den gesellschaftlichen Wandel, die gesellschaftlichen Werte und Ziele ermöglichen. Damit tragen die kommunalen Theater auch wesentlich zum Erhalt unserer Demokratie bei“.
Land und Kommunen tragen laut Niedersächsischer Verfassung die gemeinsame Verantwortung für die kommunalen Theater und Orchester. Deshalb ist für Matthias Köhn – Kaufmännischer Direktor und Geschäftsführer des Theaters Osnabrück sowie Mitglied der Verhandlungskommission – nicht nachvollziehbar, „dass sich das Land seit Jahren immer wieder aus dieser Verantwortung zurückzieht, zuletzt durch Ausstieg aus der Mitfinanzierung von Tarifsteigerungen. Die Theater und die kommunalen Träger können diese Verluste nicht ausgleichen.“ Durch die Pandemie und ihre Nachwirkungen, steigenden Personalkosten- und Energiepreisen sowie einen Sanierungsstau an etlichen Theatergebäuden stehen sie vor Herausforderungen, die sie ohne baldige Unterstützung des Landes in die Knie zwingen werden. „Deshalb fordern wir die sofortige Rückkehr zur anteiligen Übernahme von Tarifsteigerungen durch das Land, eine Erhöhung der Basisförderung und die Auflage eines Investitionsprogramms, um die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen in gemeinsam getragener Verantwortung angehen zu können“, so Jens Böther – Landrat des Landkreises Osnabrück und ebenfalls Mitglied der Verhandlungskommission – zu den wichtigsten Forderungen.
In einem von allen Beteiligten unterzeichneten Brief an den Niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil und Finanzminister Reinhold Hilbers formulierten die Kommunalvertreter ihre Erwartungen an die Landesregierung:
- Einfacher Zugang zu den Corona-Sondermitteln, um die schon jetzt hohen finanziellen Mehrbelastungen aus Besucher*innenzurückhaltung und Sachkostensteigerungen im laufenden Jahr und den folgenden Jahren auszugleichen.
- Sofortige Übernahme der tatsächlich anfallenden anteiligen Tarifsteigerungen durch das Land im Sinne einer gemeinsam getragenen Verantwortung zwischen Land und Kommunen für faire Gehälter in den Theatern
- Erhöhung des Basisbetrags für die kommunalen Theater um 6 Millionen Euro und feste Zusage der anteiligen Übernahme der tatsächlich anfallenden Tarifsteigerungen in der kommenden Zielvereinbarung ab 2024.
- Einrichtung eines Investitionsförderprogramms für kommunale Kultureinrichtungen durch das Land, mit dem die Sanierung und der dauerhafte Erhalt der kommunalen Theatergebäude und Konzertsäle sichergestellt werden kann.