Die Familienfassung der Festspieloper ist jährlich ein Höhepunkt bei den Internationalen Händel-Festspielen Göttingen. Juri Tetzlaff versteht es immer wieder, die versponnen Handlungsfäden und komplizierten Beziehungsstränge zu entwirren und humorvoll dem jungen Publikum nahezubringen. So auch an diesem ersten Festspielsonntag in der Lokhalle.
Erstmals kommt auch Flavio zu Wort, der sonst eine stumme Kinderrolle ist. Tetzlaff fragt ihn zuerst, wie denn so die Situation zuhause sei. „Mein Vater ist abgehauen,“ fasst Kalle Gellert knapp aber treffend zusammen.
Immer wieder bindet der bekannte und beliebte KiKA-Moderator das Publikum mit ein. Er lässt sich Lösungen für die Probleme auf der Bühne vorschlagen oder überlässt den jungen Menschen im Saal die Entscheidung. „Und wer war da zu faul, sich zu melden?“ schloss er verschmitzt eine Abstimmung ab.
Mit lockeren Worten beschreibt er die Handlung. „Das hat doch was von Greueltagen,“ meinte er beispielsweise, als der totgeglaubte König Bertarido (Christopher Lowrey) in sein Schloss kommt und die Urne mit seiner Asche untersucht. Der Gehilfe Unolfo (Owen Willetts) wird als Doppelagent enttarnt, während Grimoaldo (Thomas Cooley) eigentlich nur eine Patchworkfamilie gründen will.
So ganz nebenbei geht es auch um Fachwissen aus Oper und Bühne: wie Countertenöre so hoch singen können, möchte Tetzlaff von Owen Willetts wissen. Und sofort gibt es mit dem Publikum Gesangsübungen. Und vom künstlerischen Leiter möchte der Moderator wissen, was der Unterschied zwischen Rezitativ und Arie ist: die Gesangseinlage von Laurence Cummings gehört zu den Höhepunkten des kurzweiligen Nachmittags: „Ich liebe meinen Hund“, einmal als klassisches Rezitativ, dann als Arie vorgetragen. Auch das FestspielOrchester ist begeistert!
Und so ganz nebenbei erfahren auch die erwachsenen Besucher:innen in der Lokhalle Kleinigkeiten, die für die neu sind. Zum Beispiel, dass das Kunstblut nach Pfefferminz schmecken kann.