Rocko Schamoni war Gast beim 31. Göttinger Literaturherbst. Dann müsste ja im Saal auch ein Büchertisch stehen: Der Jäger und sein Meister, Große Freiheit, Sternstunden der Bedeutungslosigkeit, Dorfpunks – das sind die Titel des Musikers, Schriftstellers, Schauspielers und Clubbetreibers (so Wikipedia) Rocko Schamoni – alle sind schon länger auf dem Markt. Aber: es gibt keinen Büchertisch. Nur eine CD wird angeboten: All Ein, in diesem Jahr erschienen. „Ein Album über Tod, Alter, Einsamkeit, Narzissmus und Depressionen“, so der NDR.
Und doch hat Schamoni gelesen. Und zwar Kolumnen, die er für das RollingStone-Magazin geschrieben hat. Das sind bissige, sarkastische, humorvolle Texte. In der Küche würde man sagen, sie sind zum Teil „hart an der Salzgrenze“. Wenn Schamoni sich über die Geschlechtsteile von Harley-Davidson-Fahrern oder über die Ausscheidungsorgane von Hunden und ihren Besitzern – dann ist das durchaus deftiger Humor. Aber Schamoni versteht es, diesen intelligent und charmant zu verpacken. Drum liest er eine Kolumne nach der anderen vor, das Publikum in der ausverkauften Rathaushalle hängt ihm an den Lippen.
Apropos ausverkauft: mehr als einmal betont Rocko Schamoni, dass diese Veranstaltung die einzige auf seiner derzeitigen Tour ist, die schon am Tag vor dem Termin „ausverkauft“ meldet. Das sei in diesen Zeiten wirklich bemerkenswert.
Es folgen noch Texte über die Handysucht, über einen Deutschen, der die Insel mit dem Fort National vor Saint-Malo für einen Spottpreis kaufen möchte und über „Age-Shaming“ zum Selbermachen.
Gesungen hat er dann aber auch noch. Dazu hat er seinen langjährigen musikalischen Partner Tex Matthias Strzoda auf die Bühne gebeten. Gemeinsam und mit einiger Technik, Schlagzeug und zwei Gitarren boten sie eine Art „best of“ aus dem neuen Album, das Schamoni in der Corona-Zeit alleine produziert hat: „Das bin nicht ich“, „Wenn ihr geht“ oder „Ich und mein Schatten“. Es sind zum Teil sehr nachdenkliche Songs – die zum Teil gar nicht von Rocko Schamoni sind. So ist „Was kostet die Welt“ eine Coverversion der Freiwilligen Selbstkontrolle (F.S.K.) aus München, andere von den Lassie Singers oder der Gruppe Talk Talk. Am Ende erklingt der sentimentale Song „Wenn der Rock vorbei ist“.
Den Refrain lernt das Publikum schnell, der Musiker lässt das Publikum singen. So endet die Rocko-Schamoni-Show - es war tatsächlich die versprochene „große Rocko-Schamoni-Show“. Zahlreiche Besucher:innen waren anschließend noch im Festival-Zentrum anzutreffen. Eine wunderbare Location, in der sich ein Festival-Tag gut ausklingen lässt.