Samstag, 3. Juni 2023
21:00 Uhr – 22:30 Uhr
Archäologisches Institut, Gipsabdrucksammlung
Nichts widersetzt sich der Nacht
Nach »Das Lächeln meiner Mutter« von Delphine de Vigan
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Eine Geschichte, die ihren Anfang in einem Ende nimmt. Lucile ist tot. Im Januar 2008 findet Delphine ihre Mutter blassblau angelaufen in deren kleiner Sozialwohnung am Rand von Paris. Ihr Tod wirft die Frage auf, warum sie sich für einen Suizid entschied. Nach einigen Monaten beginnt Delphine sich schreibend der Mutter anzunähern, Spuren nachzugehen und die Familiengeschichte aufzurollen. Lucile, die schon als Kind besonders war, war immer anders als andere Mütter. Auf der einen Seite auffallend schön und talentiert und auf der anderen Seite geheimnisvoll, unkonventionell und scheu. Aufgewachsen in einer Großfamilie, deren Zusammenleben einerseits durch eine besondere Vitalität und andererseits durch viele tragische Verluste und mitunter auch Gewalt geprägt war, wählt Lucile früh einen anderen Weg. Gerade erst selbst erwachsen, wird sie zum ersten Mal Mutter und beginnt ein neues Leben in Paris. Die Ehe geht schnell in die Brüche, Lucile bleibt mit ihren inzwischen zwei Töchtern allein. Bald kann sie ihrer Verantwortung als Mutter aufgrund einer bipolaren Störung nicht mehr nachkommen. Sie verliert das Sorgerecht, wird mehrfach in die Psychiatrie eingewiesen. Doch Lucile gelingt gegen alle Widerstände der Weg zurück ins Leben.
Auf ihrer Recherche durch die Familiengeschichte begegnet Delphine den vielen Facetten ihrer Mutter, spürt dem Schmerz nach und reflektiert über das gemeinsam Erlebte. Der Roman ist eine sehr persönliche Hommage an eine besondere Frau voller Abgründe und die Aufarbeitung eines Traumas, dass die Familie über Generationen prägte. Lucile strahlte immer aus einer Dunkelheit, aus einem Anderswo heraus: »Nichts widersetzt sich der Nacht« ist nicht grundlos der französische Originaltitel des Romans.
Die Regisseurin Schirin Khodadadian inszeniert die Mutter-Tochter-Geschichte in der Sammlung der Gipsabgüsse des Archäologischen Instituts der Universität Göttingen und rückt damit das Verhältnis von Bild und Abbild, von Wirklichkeit und Fiktion in den Fokus. Was stellen wir nach außen dar und wie geht das mit dem einher, was wir im Inneren wirklich sind?
Delphine de Vigan wurde 1966 in Paris geboren. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst in einem Institut für Meinungsforschung und schrieb abends und in der Nacht. Ihren ersten Roman »Tage ohne Hunger«, indem sie ihre eigene Anorexie Erkrankung thematisierte, veröffentlichte de Vigan noch unter dem Pseudonym Lou Delvig. Der literarische Durchbruch gelang ihr 2007 mit »No & ich«. Ihr Werk wurde mehrfach ausgezeichnet und steht in Frankreich und international regelmäßig auf den Bestsellerlisten. 2022 erschien ihr jüngster Roman »Die Kinder sind Könige«. Die Autorin lebt und arbeitet in Paris.

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