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Donnerstag, 25. Mai 2023

Forum Wissen
30.3. bis 9.7.2023

Stimmen. Sprachforschung im Krieg, 1917–1918

Wissenschaft und Forschung zu Kriegszeiten


Unsere neue Sonderausstellung thematisiert Wissenschaft und Forschung zu Kriegszeiten – ein Ausstellungs- und Theaterprojekt des Forum Wissen in Kooperation mit dem boat people projekt.

Von April 1917 bis Ende 1918 waren im Göttinger Kriegsgefangenenlager fünf Gefangene aus dem heutigen Pakistan und Afghanistan interniert. Sunab Gul, Abdul Aziz Khan, Hazrat Shah, Beidullah Khan und Shahdad Khan wurden im Ersten Weltkrieg von England als sogenannte Kolonialsoldaten auf dem europäischen Kriegsschauplatz eingesetzt. 1914 gerieten sie in deutsche Gefangenschaft. Drei Jahre später ließ sie der Professor für Westasiatische Sprachen Friedrich Carl Andreas nach Göttingen überführen, wo er mit seiner Frau, der Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Lou Andreas-Salomé, lebte.

Die Ausstellung „Stimmen. Sprachforschung im Krieg, 1917-1918“ nimmt die Forschung an den fünf Gefangenen zum Anlass, um über die Verknüpfung von Krieg und wissenschaftlicher Forschung nachzudenken. Für Andreas schuf der Krieg günstige Forschungsbedingungen; Andreas nutzte die Situation der Kriegsgefangenen für seine Forschungsinteressen. Als Kenner iranischer Sprachen erarbeitete er in täglichen Sitzungen zusammen mit den Gefangenen ausführliche Wortlisten. Der Sprachwissenschaftler notierte ihre Erzählungen, Geschichten und Lieder und befragte sie nach den politischen und geografischen Verhältnissen in ihren Heimatregionen. Nur ein Bruchteil dieser Dokumente wurde von Andreas direkt ins Deutsche übersetzt. Der größte Teil liegt heute im Archiv der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen in Lautschrift vor und wird in der Sonderausstellung zum ersten Mal einem größeren Publikum gezeigt. 

„Stimmen“ versucht eine erste Annäherung an diese besonderen Forschungsdokumente: Wie lassen sich aus heutiger Perspektive die Forschungen Andreas‘ bewerten, die im Gewaltzusammenhang des Göttinger Kriegsgefangenenlagers entstanden sind? Unter welchen Bedingungen wurden die Forschungen realisiert, und welchen Anteil hatten die Gefangenen selbst an der Wissensproduktion? Wie gestaltete sich das Verhältnis zwischen Andreas und den Gefangenen? Und vor allem: Was erzählen uns die Dokumente heute und wessen Stimme ist zu hören?

Die Ausstellung geht aus einem drittmittelgeförderten Ausstellungs- und Theaterprojekt (Stiftung Niedersachen, AKB Stiftung, Landschaftsverband Südniedersachsen) hervor, das von der Zentralen Kustodie der Universität Göttingen gemeinsam mit dem Freien Göttinger Theater boat people projekt beantragt und umgesetzt wurde. Parallel zur Ausstellung finden im Forum Wissen Aufführungen statt, die das Thema der Ausstellung aufgreifen und es mit Mitteln des Theaters in aktuelle Bezüge setzen.

Die Ausstellung ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

 

 

 
 

Ort:

Forum Wissen
Berliner Straße 28
37073 Göttingen

 


 
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