Die Jüdischen Kulturtage Göttingen laufen in diesem Jahr nur mit einem reduzierten Programm. Nach dem Tod der Gründerin und Vorsitzenden des Jüdischen Lehrhauses, Eva Tichauer Moritz, im März werde 2023 auf musikalische und Tanz-Events verzichtet, teilte der Verein am Mittwoch mit. Am 16. und 17. Juni seien drei Veranstaltungen geplant. Die Jüdischen Kulturtage finden seit 21 Jahren immer im Juni statt. Am 16. Juni 2002 war in Göttingen der Verein Jüdisches Lehrhaus gegründet worden.
Am 16. Juni hält den Angaben zufolge der langjährige Kantor der Jüdischen Kultusgemeinde für Göttingen und Südniedersachsen, François Lilienfeld, ab 18 Uhr den Festvortrag über den Musiker Benny Goodman. Dessen Werdegang vom Kind russisch-jüdischer Einwanderer in einem Armenviertel von Chicago bis zum „King of Swing“ werde der Referent anhand zahlreicher und teilweise kaum bekannter Tondokumente sowie einem kurzen Film aufzeigen. Anschließend werde Lilienfeld auch den offenen Gottesdienst zum Schabbat-Beginn leiten. Für diese beiden Termine in der Synagoge der Jüdischen Kultusgemeinde ist eine Anmeldung per E-Mail (
Der Literaturwissenschaftler Hermann Engster stellt am 17. Juni ab 18 Uhr im Holbornschen Haus die über Jahrhunderte größte europäische jüdische Gemeinde in Prag vor. „Prag war ein Zentrum der jüdischen Gelehrsamkeit“, heißt es in der Ankündigung. Ihr bedeutendster Vertreter sei der im ausgehenden 16. Jahrhundert dort lehrende Rabbi Judah Löw gewesen, der als Erschaffer des Golem, der zum Leben erweckten Lehmfigur, gelte. Im 19. Jahrhundert sei die Stadt neben Berlin und Königsberg ein Zentrum der der jüdischen Aufklärung gewesen, die für religiöse Toleranz und die Emanzipation der Juden eingetreten sei.
Die Gründung des Vereins Jüdisches Lehrhaus und der Jüdischen Kultusgemeinde drei Jahre später waren das Ergebnis von Differenzen in der Jüdischen Gemeinde Göttingen. Streit hatte es in der jüdischen Gemeinschaft unter anderem über die Verlegung von Stolpersteinen gegeben. Während die Jüdische Gemeinde diese Initiative befürwortete und forcierte, positionierte sich die Gruppe um Tichauer Moritz scharf dagegen. Die Namen der Opfer würden durch die Stolpersteine „mit Füßen getreten und beschmutzt“.