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Mittwoch, 7. August 2024
30. Juni bis 11. August 2024
Kunstverein Göttingen e.V., Lichtenberghaus (1. Stock)
Welten Wandler No2

Dennis Scholl »Neue Wunden oder Vom Beginn der Unmittelbarkeit«


Was geschieht mit uns, wenn wir in die Wälder gehen? Obwohl die meisten Menschen mittlerweile die Wahl haben, in ihrer geordneten urbanen Umgebung zu bleiben oder sich gezielt in das Gebiet der Bäume, Flechten, Moose und Tiere zu begeben, so nehmen doch noch viele Ausflügler selbst heutzutage im kultivierten Forst die typischen Aromen der Wildnis wahr, die durch das Unterholz strömen und sie spüren die Anwesenheit anderer Kreaturen auf vielfältige Weise.

Haben sich Millionen von Jahren des Lebens im Wald in ein kollektives humanes Unterbewusstsein eingeschrieben? Und wieso herrscht gerade in der freien Wildbahn die Ambivalenz zwischen dem Gefühl eigener Kraft und erhöhter Aufmerksamkeit für das Schöne, aber auch für die Gefahr?
„Nun wird aber der Geschmack für das Schöne am Besten im Freien gebildet, wo es weder Haus noch Hausherren gibt“ Henry D. Thoreau in „Walden“, S. 38

Im „Freien“ zu sein, bedeutet auch befreit zu sein von all den Regeln des Siedelns und offen für das Leben. Doch gründet die Schönheit des natürlichen Entfaltens in einem andauernden Überlebenskampf in schwer zu kontrollierenden Verhältnissen und im ständigen Austausch mit anderen Geschöpfen, mag dieser gewollt sein oder nicht.

Dennis Scholl setzt dieses erhöhte Existenzpotential ursprünglicher Natur bildnerisch ein, denn als Schauplatz für seine Figurationen hat er meist lichte Haine oder tiefe Wälder erkoren. Im Zwielicht der Morgensonne oder des frühen Abends, weich gefleckt durch die Schattenwürfe der Blätter, geben sich rätselhafte Figuren ihren Handlungen und Neigungen hin. Teils Menschen, manchmal Tiere oder auch Wesen in der Metamorphose, scheinen sie Geheimnisse und Rituale zu leiten. Mysteriöse Symbole und Objekte sowie wundersame Zeichen, beispielsweise Tropfen-Ornamente und schwebende Flammen verfremden die Situationen zusätzlich. Die Dargestellten sind verbunden in Zuständen des Übergangs: Von Unversehrtheit zur Verletzung, von Erdung zur Auflösung, von Zuneigung zum Verlust, generell von Innerlichkeit zur Veräußerung. Sensibel und feinfühlig erforscht Scholl an diesen Kulminationspunkten des Zusammentreffens die Psyche seiner Akteure.

In diesen Gemälden und Zeichnungen schöpft er aus der reichhaltigen Mythen- und Glaubenswelt des europäischen Kontinents, seiner Heimat. Dabei mischen sich in seinen Bildern antike Legenden und christliche Ikonographie mit Eindrücken seines persönlichen Umfeldes sowie dem Detailwissen über die dargestellte omnipräsente Flora und Fauna. In Wäldern voller Lichtbrechungen und aktiver Schatten, welche einst auch Mitteleuropa charakterisierten, entwickeln sich die Darstellungen zwischen Brutalität und Pracht, zwischen Gewalt und Zärtlichkeit mit jedem Werk weiter, seine zusammengehörig scheinende Bildwelt wird komplexer. Umgesetzt in altmeisterlichen Könnerschaft, bringen die genuinen Qualitäten des Mediums Ölmalerei diese aufgeladenen Szenerien zeitloser Melancholie förmlich zum Leuchten.

Von den vier diesjährigen Solo-Ausstellenden ist Dennis Scholl der einzige gebürtige Deutsche. Er wurde 1980 in Hünfeld, Deutschland geboren und wuchs in der Nähe von Fulda auf. Er absolvierte sein Studium 2002 bis 2007 in den Klassen der Professoren Franz Ehrhard Walther, Andreas Slominski und Michael Diers. Bereits ab 2005 nahm er an wichtigen Ausstellungen in der Hamburger Kunsthalle teil, zahlreiche Internationale Solo- und Gruppenausstellungen folgen bis heute. Die Galerie Michael Haas Berlin, DSC Galerie Prag und Podium Gallery Hongkong repräsentieren u.a. seine Werke im Kunstmarkt. Dennis Scholl ist Stipendiat des Trustee Programmes EHF der Konrad-Adenauer-Stiftung und lebt und arbeitet in Berlin.

Programm
So 05.05.24, 11:30 –14:00 Uhr: Vernissage – Empfang mit Reden und der Edition von Dennis Scholl
So 14.07.24, 15:00 – 16:00 Uhr: Sonntagsführung mit Justus M. Müller
So 28.07.24, 15:00 – 16:00 Uhr: Sonntagsführung mit Justus M. Müller
Sa 10.08.24 17:00 – 19:00 Uhr: Führung mit Kurator und Podiumsgespräch
So 11.08.24, 15:00 – 17:00 Uhr: Finissage mit Führung & Edition

 

 

 
 

Ort:

Kunstverein Göttingen e.V., Lichtenberghaus (1. Stock)
Gotmarstraße 1
37073 Göttingen

 


 
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