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Gänsehautmomente in St. Johannis

Solisten, GSO und die Göttinger Stadtkantorei mit dem Dirigenten Bernd Eberhardt | © Photo: Wortmann

„Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren.“ So heißt es im Artikel 1 der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte«, die die Vereinten Nationen am 10. Dezember 1948 verkündet hat. 75 Jahre später würdigt die Kirchengemeinde St. Johannis in Göttingen diese Erklärung, in dem es gleich eine ganze Reihe von Veranstaltungen zu diesem Thema gab. So fand auch die Aufführung des Oratoriums »Elias« von Felix Mendelssohn Bartholdy mit der Göttinger Stadtkantorei, dem Göttinger Symphonieorchester, und den Gesangssolisten Johanna Ness, Susanne Langner, Clemens Löschmann und Henryk Böhm im Rahmen dieses Jahresprogramms statt. Die Leitung hatte Bernd Eberhardt.

In diesem Oratorium geht es um den Propheten Elias, der sich zunächst radikal und fundamentalistisch gibt. Sein Kampf um die wahre Religion mutet den Zuhörer:innen in der heutigen Zeit und ganz aktuell anlässlich des Krieges in Israel und Gaza eine Menge zu. „Kann man das überhaupt singen? Das sind ja Hassgesänge!“ wurde im Vorfeld gefragt. „Was bedeutet es für den Umgang mit anderen Religionen, wenn ich den Gott, an den ich glaube, über alles andere stelle?“ Mit einem spannenden Podiumsgespräch zu dieser Frage wenige Tage vor dem Konzert sowie einer klärenden Ansprache direkt vor Konzertbeginn rief Pastorin Dr. Anna-Maria Klassen zum Nachdenken auf.

Und genau diesen nachdenklichen Gestus hatte auch die Aufführung in der ausverkauften Kirche inne: Bernd Eberhardt machte die Gegensätze, den Widerspruch, aber auch die Zweifel und die Hinwendung zum friedlichen Gott deutlich. Dies gelang ihm, in dem er das Tempo und die Dynamik fein justierte. Lang aufbauende dynamische Steigerungen und kraftvolle Passagen sorgten für große Spannungsbögen.

Solche Effekte waren nur möglich, weil alle Mitwirkenden im wahrsten Sinne des Wortes mitspielten – und mitsangen. Der gut vorbereitete Chor folgte aufmerksam jeder Nuance des Dirigates, und auch die Mitglieder des Göttinger Symphonieorchesters waren bestens aufgelegt. Dazu kamen noch die vier Gesangssolisten, von denen insbesondere Henryk Böhm als Elias hervorstach. Er gestaltete die Partie und die Persönlichkeit des sich wandelnden Propheten mit großen Emotionen. Mit fulminanter Wucht ließ Böhm den Elias eifern („Ist nicht des Herrn Wort wie ein Feuer“), um später beim „Es ist genug“ in eine tiefe Resignation zu fallen. Mit dem Dirigenten Bernd Eberhardt befand er sich bisweilen in einem faszinierenden musikalischen Zwiegespräch. 

Clemens Löschmann mit seinem unangestrengten Tenor, Susanne Langner mit ihrer warmen Altstimme und Johanna Neß mit ihrem hellen Sopran standen dem in nichts nach. Ergänzt wurde das Solistenquartett um die Chorsolistinnen Barbara Schäfer (Mezzo Sopran) und Anne-Bärbel Frassine (Sopran), die genau wie die Solostellen des Orchesters dem hohen Niveau der Aufführung entsprechend musizierten.

Wenn dann gegen Ende des Abends der Chor singt „Und nach dem Feuer kam ein stilles, sanftes Sausen. Und in dem Säuseln nahte sich der Herr.“ entsteht zum wiederholten Mal ein Gänsehautmoment. 

In Artikel 27 der Erklärung der Menschenrechte heißt es: „Jeder hat das Recht, am kulturellen Leben der Gemeinschaft frei teilzunehmen, sich an den Künsten zu erfreuen“. Dass sich das Publikum an den Künsten erfreut hat, zeigte es ganz unmissverständlich nach dem Konzert: stehend spendeten es langen Applaus, die Begeisterung wollte kaum ein Ende nehmen. 

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Jens Wortmann

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