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Stürmische Premiere

Martin Liebetruth als Prospero und Lilian Haack als Ariel | © Manga von Keanu Demuth

Es blitzte und donnerte gewaltig im Theater im OP: Am Abend des 10. Mai feierte Shakespeares Stück »Der Sturm« Premiere im Universitätstheater der Georg-August-Universität Göttingen. Eine stürmische Aufführung, bei der für jeden etwas dabei war: Liebe, Rache, Vergebung, Musik, Horror und eine große Portion Humor. So muss ein Theaterstück einfach sein. 

»Der Sturm« wurde erstmals 1611 vor König Jakob I. aufgeführt und wurde von zeitgenössischen Reiseberichten über abenteuerliche Fahrten inspiriert. Es geht um den entmachteten Herzog und Magier Prospero, hervorragend dargestellt von Martin Liebetruth, der mithilfe eines magischen Dieners einen Sturm heraufbeschwört, um seine Feinde auf seine Insel zu locken und sich grausam an ihnen zu rächen. „Ich wollte dieses Geheimnisvolle, auf einer Insel gestrandet zu werden, zeigen. Aber ich wollte dem Publikum auch viel Spaß und Humor bieten, besonders wegen der Corona-Zeit,“ sagt Regisseur Klaus-Ingo Pißowotzki. Außerdem hätte Pißowotzki die Handlung bewusst in die Südsee angesiedelt. So konnte das Ensemble für tropische Hawaii-Stimmung auf der Bühne sorgen, zum Beispiel mit Songs wie »Aloha ʻOe« die wunderschön gespielt wurden von den bezaubernden „Geistern“ der Insel. Der „Klang“-Geist Momo Lange spielte die Ukulele und die Geister-Darstellerinnen Sophia Heidenreich und Anina Karch sorgten für angenehme Flötenklänge auf der Querflöte. Dafür wurden die Darstellerinnen frenetisch gefeiert.

Das Theaterstück startete allerdings alles andere als tropisch und angenehm: Bei pechschwarzer Bühne blitzten die Scheinwerfer auf und aus den Lautsprechern kam Donnergroll, eine wortwörtlich stürmische Premiere im Theater im OP. Es wurde auf sehr guter visueller und audiovisueller Weise der Sturm dargestellt, den Prospero heraufbeschworen hat. Die Matrosen und Feinde Prosperos, die sich auf dem schwankenden Schiff befanden, schaukelnden von einer Seite auf die andere. Hier haben die Schauspieler das Schiffbruchsszenario auch ohne Schiffskulisse glaubwürdig rübergebracht. Auch die Wellen und die stürmische See wurden überwältigend und aufregend visuell dargestellt: Die Geister-Darstellerinnen die Prospero helfen, den Sturm zu entfachen, hoben übergroße durchsichtige Folien rauf und runter wie unruhige Wellen und zogen diese Wellenfolien sogar über die Köpfe der Zuschauer. Somit konnte das Publikum vollkommen in das Geschehen eintauchen. Auch die dunkelblaue Beleuchtung und der Kapitän, gespielt von Heiko Siebert, der auf erhöhter Position schreiend den Matrosen Befehle gab, trugen besonders zu der Szene des Schiffkenterns bei. Ein beeindruckender Einstieg, den das Ensemble mit dem begrenzten Equipment und dem begrenzten Platz auf der Bühne kaum besser oder imponierender darstellen konnte.

Anschließend wurde dem Publikum der Hauptdarsteller Martin Liebetruth vorgestellt, der Prospero sehr erhaben, souverän, überlegen und rachsüchtig darstellte. Er porträtierte den Magier wahrhaft mächtig und erinnerte sogar ein wenig an Christopher Lee als böser Zauberer Saruman in »Der Herr der Ringe«. Prosperos Tochter Miranda hingegen wurde sehr kindlich, emotional, stur, zerbrechlich und träumerisch von Julia Klumpe dargestellt. Und dies ist genau das, was der Charakter braucht. Auch die Chemie zwischen Klumpe und Prinz Ferdinand-Darsteller Matthias Hofmann stimmte. Die beiden stellten die Romanze zwischen den zwei Figuren sehr glaubwürdig und wundervoll dar, dass dem Publikum ganz warm ums Herz wurde. Für viele Lacher sorgte dabei Prospero-Darsteller Liebetruth, der bei den beiden Liebenden immer dazwischenfunkte und mit Kommentaren an Ferdinand wie „Sachte“ oder „halte fünf Meter Abstand“ die Zuschauerinnen und Zuschauer zum Schmunzeln brachte. Auch mit dem Song »Underneath the Mango Tree« konnte Matthias Hofmann nicht nur das Herz von Miranda sondern auch die Herzen der Zuschauer für sich gewinnen.

Etwas schaurig wurde es dann als Prosperos Geisterdienerin Ariel, fantastisch gespielt von Lilian Haack, die Bühne betrat. Haack wirkte durch ihre schnellen und leisen Bewegungen sehr mystisch und bezaubernd, gleichzeitig aber auch schon teuflisch. Ihr Makeup ließ sie zudem wie ein bedrohlicher Harlekin aussehen. Besonders in der Szene, in der sie die Bühne in einem fledermausartigen Kostüm betrat, konnte sie dem Publikum das Fürchten lehren. Des Weiteren waren die anderen Geister-Darstellerinnen ein wahrer Augenschmaus für das Publikum, die die Schiffsbrüchigen wie Nymphen verzauberten und später zu gefährlichen Harpyien wurden. Als sich die Überlebenden gegen Prospero verschwören, musterten die Darstellerinnen die Verschwörer wie wilde Hyänen oder Tiger und ergriffen sie. Als die Schiffsbrüchigen von der Bühne weggezehrt wurden, kreierten die Schauspielerinnen sogar eine kleine Horrorszene, die das Blut der Zuschauerinnen und Zuschauer in den Adern gefrieren ließ. Auch durch das bösartige Gekicher und das Kreischen der Geisterschauspielerinnen wie Sophie Heidenreich gab es einige gruselige Momente.

Ein Liebling des Publikums war zudem der hereinstampfende Thomas Rühling als Untertan Kaliban, der sehr monströs und plump das Publikum begeisterte. Rühling sprach in vielen Szenen oft zu den Zuschauern und sorgte für viel Aufsehen. Für seinen stumpfen aber gleichzeitig genialen Kaliban-Tanz bekam Rühling extra Beifall. Auch als Prospero-Darsteller Martin Liebetruth mit telekineseartigen Magieangriffen den aggressiven Kaliban wegstieß konnte die Aufführung mit kleinen Action-Sequenzen überzeugen. „Wir entschieden uns gegen eine Zauberstab-Requisite, da es schwer sein kann mit Requisiten zu arbeiten,“ so Liebetruth. Deshalb benutzte ich praktisch meine ‚Mentalkraft,‘ um die Widersacher wegzustoßen.“

Eine überraschende Wendung gab es schließlich als der rachsüchtige Prospero zum rationalen Mann wird und durch die Hilfe von Ariel auf seine Rache verzichtet. „Dies war mir wichtig zu zeigen, dass Prospero einen Wandel macht und sich für Vergebung entscheidet,“ sagt Regisseur Pißowotzki.

Mit beeindruckenden Effekten und großartigen sowie charismatischen Darstellern konnte die Premiere von »Der Sturm« das Publikum im Theater im OP auf ganzer Linie überzeugen. Der Besuch von »Der Sturm« ist einfach ein Muss für jeden Shakespeare-, Theater- und Abenteuerfan.

Der Sturm von William Shakespeare hatte in der Inszenierung von Klaus-Ingo Pissowotzki am 10. Mai 2023 Premiere im Theater im OP. Weiter Vorstellungen stehen noch am 13., 16., 22. und 23. Mai auf dem Spielplan.

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Keanu Demuth

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