Willkommen im Kulturportal vom Kulturbüro Göttingen. 

Hier finden Sie Termine und Nachrichten aus dem Kulturleben der Region. Sie können sich einloggen oder neu registrieren, Ihr Abonnement abschließen oder verwalten, in dem Sie auf das Menü rechts klicken. (Die drei kleinen schwarzen Balken.)
Mit einem bezahlten Abonnement haben Sie Zugang zu allen Texten und Funktionen – und unterstützen die Arbeit des Kulturbüros.

Information
Kunstverein Göttingen

Willkommen im Kinderzimmer

Information
Ausstellung Andy Fitz »Stumped! Again!« im Künstlerhaus
von Lukas Prießnitz, erschienen am 25. Juni 2023
© Photo: Prießnitz

 – Stumped! Again!

Der Blick schweift durch das eigene Wohnzimmer, Stühle, ein Tisch, Regale, Sessel, Fenster und vieles mehr. Doch was könnten diese Gegenstände noch alles sein? Nicht nur weitere praktische Anwendungen, sondern ästhetische Erweiterungen, Verformungen, ja gar verschiedene Seiten. Welche alltäglichen Gegenstände sind Kunst, welche nicht? Wo beginnt und wo endet sie, die Kunst? Und was kann weg, welche Blicke, welche Betrachtungen? Welche Gegenstände können Objet trouvé? Fragen und Überlegungen dieser Art geht der Künstler Andy Fitz nach und bricht oder modifiziert so gewohnte und meist gefestigte Blicke auf.

Unter der kuratorischen Leitung von Sarah Crowe und Alke Heykes stellt der in Berlin lebende und arbeitende Künstler Andy Fitz, im Kunstverein Göttingen aus. Thema der Kunstausstellung ist Stumped! Again!, also „wieder einmal verblüfft“. Hierbei handelt es sich um seine erste institutionelle Einzelausstellung in Deutschland, welche nicht nur Leihgaben aus Dublin ausstellt, sondern auch eigens für jene Installation neu gefertigter Werke. Zuzüglich der Holzarbeiten, wie Stühle oder Schränke, lassen sich zwei weitere Werksgruppen definieren. Metallarbeiten, wie Lampen und Zäune, die aber auch Tore sein können und als dritte Gruppe Gipsfiguren. 

Beim Betreten der Ausstellung steigt zunächst ein Gefühl wie beim Betreten eines Kinderzimmers empor. Egal in welche Ecke des Raumes der Blick fällt herrscht Chaos. Ein riesiger Spielplatz, überall kleine Installationen, kleine Spielfelder, eingerahmt in einem großen Feld. Es scheint als würden die Gegenstände förmlich durch den Raum tanzen, sich bewegen, beschreibt es Alke Heykes, einer der beiden Kurator:innen. Die Installation wirkt chaotisch, doch hat es Methode. Es ist zunächst kein wirkliches Schema oder ein Weg erkennbar, doch gewisse Wege oder auch Sperrungen entstehen nur beim Begehen, beim Erkunden selbst. Wodurch sich manche Blickwinkel erst ergeben und mache dadurch verborgen bleiben, jene müssen erst durch neue Wege und Perspektiven gefunden werden.

Als erstes fallen unter den Kreationen die Metallarbeiten ins Auge, in den Blick. Nicht nur stellen sie sehr treffend Beginn und Ende der Ausstellung dar, sondern stehen auch für sich und in sich. Über Abgrenzung und Begrenzung hinaus, wie der Titel einer Installation deutlich macht – Journey´s End – bilden sie auch den Zugang zu etwas Neuem, zum Heim – Home Sweet und welcome (Elektrozaun). Andy Fitz eröffnet somit eine weiter Komponente, eine neue Tragweite, das Politische. Zäune und Tore, stehen für den Eintritt in das geborgene zu Hause, aber auch für Ausgrenzung und Abgrenzung. Gleichermaßen versinnbildlichen auch die Lampen das Heimische, Erleuchtete und Warme, beinhalten dennoch ebenfalls das Schattige, Kalte und Abgegrenzte, Unerhellte. 

Eine weniger durch Größe auffallend, aber dennoch in Vielzahl vorhanden, sind die Gipsfiguren. Sie sind zwar in den Räumlichkeiten verteilt, ergeben jedoch überall kleine Sinneinheiten. Eine der Gipsfiguren trägt den Titel Gänseliesel. Sie wurde ohne Kopf gestaltet, da jener schon zu oft geküsst worden ist. Das Gänseliesel ist das Wahrzeichen Göttingens, damit einhergehend ist sie vielen Blicken ausgesetzt und meist darauffolgend auch bestimmten Zuschreibungen. Für Andy Fitz ist nun die Frage, ob der vorgeprägte Blick, das vorgeprägte Wissen überhaupt ausreichend oder sogar gegebenenfalls falsch ist. Der Blick auf etwas, auf Gegenstände, ist meist bestimmt von Erfahrungen oder bestimmten Perspektiven. Doch oftmals gehen mit einer starren Herangehensweise und einer vorgefertigten Meinung über ein Objekt auch Gefahren und Vorurteile einher. Andy Fitz möchte das Verständnis vom Sehen verändern, weg von einem plakativen bloßen visuellen und optischen Betrachten, hin zu einem Blick hinein und über das Gesehene hinaus, illustriert Heyeks.

Nebst dieser Figur gibt es den Angler, er wurde in drei Ausführungen ausgearbeitet. Allerdings lässt es sich nicht erkennen, ob es sich um verschiedene Angler handelt oder jene drei Figuren derselbe nur in veränderter Version ist, so Heykes. Die drei Angler könnten jedoch auch derselbe Angler zur selben Zeit sein, führt der Kurator weiter aus, denn wir stellen nicht nur eine Sache zu einem bestimmten Zeitpunkt dar, sondern immer mehrere, verschiedene Variationen unser Selbst. 

Mittels der innerräumlichen Gegenstände, mit all ihren Variationen, greift Andy Fitz unter Anderem den Blick nach außen auf. Diese Betrachtungsweise übernimmt er jedoch auch im architektonischen Sinne, mittels Regalinstallationen, die gleichzeitig wie Fenster aussehen und somit das Innen und Außen verkörpern. Fitz trägt förmlich das Blicken des von innen nach außen oder außen nach innen durch die Installation nach innen und lenkt somit den Blick auf das Innere es Hauses in doppelter Weise. 

Eine wunderbare Installation an Installationen, die durchdacht, hinterfragend und entlarvend ist. Andy Fitz und den beiden Kurator:innen Sarah Crow und Alke Heykes gelingt es meisterhaft die bestehenden Perspektiven aufzubrechen und zugleich neue Wege der Interpretation und des Sehens zu bieten. Das verwendete Alltagssujet durchzieht die gesamte Ausstellung und gleichzeitig auch nicht. Jener Widerspruch ist den durch den Künstler gesetzten Irritationen geschuldet, die erst die unerwarteten Wechsel in jeglicher Hinsicht möglich machen.  

Die Ausstellung des Kunstverein Göttingen Andy Fitz »Stumped! Again!« ist noch bis zum 6. August im Künstlerhaus, Gotmarstraße 1 in Göttingen zu sehen. Das Haus ist Dienstag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr und Samstag bis Sonntag von 11 bis 17 Uhr geöffnet.

Keine Kommentare

Lukas Prießnitz

Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.