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St. Albanikirche

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Göttinger Barockorchester mit dem Konzert »Bach und sein Schüler Schweinitz«
von Jens Wortmann, erschienen am 08. Mai 2023
Henning Vater und Antonius Adamske | © Manga von Keanu Demuth

Das Göttinger Barockorchester präsentierte dem Publikum in der St. Albanikirche ein Stück Göttinger Musikgeschichte aus dem 18. Jahrhundert: Unter der Leitung des Organisten und Dirigenten Antonius Adamske spielte das Barockorchester Pfingst- und Osterkantaten des Göttinger Komponisten Johann Friedrich Schweinitz. Am Abend des 4. Mai wurden diese Kantaten der Pfingstkantate »Wer mich liebet« von Johann Sebastian Bach gegenübergestellt. Schweinitz (1708-1780) war Göttinger Kantor und gehörte zu den begabten Schülern Bachs. Das Barockkonzert war somit eine Einstimmung auf das anstehende Pfingstwochenende.

Das Göttinger Barockorchester spielte drei Kantaten von Johann Friedrich Schweinitz, die Bach-Pfingstkantate wurde in der Mitte gespielt, damit das Orchester das Konzert mit Schweinitz beendete. „Das Konzert war besonders für uns, weil es einem Göttinger Komponisten gewidmet ist,“ sagt Konzertmeister und Violinist Hans-Henning Vater.

„Schweinitz Kompositionen gehören zum Göttinger Kulturgut des 18. Jahrhunderts. Diese Werke mussten wir aber erst ausgraben. Deshalb kann man bei diesem Konzert von einer Wiederuraufführung von Schweinitz in der Albanikirche sprechen.“ Außerdem erklärte Vater, dass Violaspieler Klaus Bundies die Partituren noch restaurieren musste. „Die Schweinitz-Werke haben wir als Manuskripte gefunden. Wir mussten praktisch bei Null anfangen, da bei den Partituren nur Noten und keine Bindebögen oder sonstige Notationen zu finden waren. Auch falsche Noten mussten wir finden. Klaus Bundies hat die Manuskripte dann am Computer editiert und erst spielbar gemacht.“ Bundies erwähnte, dass dies ein interessanter kreativer Prozess gewesen sei.

„Auf jeden Fall hatten wir viel Spaß und Freude beim Konzert,“ erzählt Vater mit einem Lächeln. Diese Freude teilte das Barockorchester mit dem Publikum: Sehr imposant startete das Orchester mit der Osterkantate »Ich bin der Erste und der Letzte« von Schweinitz und vermittelte eine sehr feierliche Stimmung. Die lauter werdenden Streicher und das darauffolgende Crescendo trugen viel zu dieser feierlichen Stimmung bei. 

Bekanntermaßen spielt das Göttinger Barockorchester auf historischen Instrumenten, was natürlich sehr der Authentizität beiträgt. Dem Publikum wurde dadurch ein wahrlich nobles und authentisches Barockerlebnis geboten. „Die Barockgeigen sind nicht so massiv und obertonreicher,“ erläutert Violinist Vater. „Sie sind zwar nicht so laut wie moderne Geigen, aber auch dafür elastischer. Es ist ein Vergnügen, auf diesen Violinen zu spielen.“ Besonders hervorzuheben sind bei der ersten Kantate außerdem der Gesang von Sopranistin Manja Stephan und Altist Beat Duddeck. Stephan und Duddeck begeisterten besonders bei den Spitzentönen, dass man glatt meinen konnte, man sitze gerade in einer Oper.

Auch mit der zweiten Schweinitz-Kantate »Auf Christi Himmelfahrt allein« überwältigte das Barockorchester das Publikum mit einem besonders imponierenden Einstieg, erzeugt durch das hervorragende Spielen der Bläser und Pauken. Trompetenspieler Helmut Poehner und Sebastian Kuhn sowie Paukenspieler Klaus Reda kreierten ein majestätisches Erlebnis. In der Himmelfahrt-Kantate konnten besonders der Tenor Janno Scheller und der Bassist Steffen Kruse ihr Gesangstalent unter Beweis stellen. Außerdem spielte Antonius Adamske die Orgel bei allen Kantaten auf sehr dynamische Weise mit viel Artikulation. Durch seine besondere Spielweise der Orgel brachte Adamske frischen Wind in die Albanikirche und erinnerte dabei sogar an hippe Synthesizerspieler wie Jan Hammer. Außerdem verriet Violist Bundies, dass er den Text von Schweinitz’ Oster- und Himmelfahrtskantate sehr gut finde, da er leicht verständlich sei. „Den Text ‚ich war tot, jetzt bin ich lebendig‘ kann man einfach verstehen, ohne vorher Theologie studieren zu müssen.“

Anschließend führte das Orchester das Konzert fort mit Johann Sebastian Bachs Pfingstkantate »Wer mich liebet, der wird mein Wort halten«, bei welchen das Zusammenspiel von allen Stimmgruppen und Sängern das Publikum beeindruckte. Auch merkte man, dass sich Bachs und Schweinitz Kantaten ähneln, wie die durch Bläser und Pauken erzeugte festliche Stimmen. Bei den Kantaten fühlten sich die Zuhörer wie auf einem Tanzball, da auch viele Barocktänze in den Stücken stecken.

Nach der Pfingstkantate von Bach amüsierte Adamske das Publikum mit einer lustigen Geschichte: Er erklärte, dass damals in der Barockzeit keine Damen wie Manja Stephan sondern Knaben in der Sopranstimmlage gesungen hätten. Diese Knaben seien manchmal besonders frech gewesen und hätten sich oft geprügelt. Es sei also schwer gewesen, diese jungen Burschen in Zaum zu halten. Diese Knaben seien außerdem von Haus zu Haus gegangen, um zu singen und ein paar Münzen zu verdienen. Damit hätten sie sich ihren Brandwein gekauft, den es damals auch für Kinder gab. Dies war somit auch schon eine gute Überleitung von Adamske in die letzte Kantate zu Pfingsten »Das Reich Gottes ist nicht zum Essen und Trinken«. Diese Kantate von Schweinitz war ebenfalls sehr eindrucksvoll, da hier alle Stimmgruppen gleichzeitig eingestiegen sind. Des Weiteren sangen Stephan, Duddeck, Scheller und Kruse zusammen und sorgten für eine wirklich himmlische Stimmung. Dieser himmlische Klang wurde sogar durch den Hall in der Albanikirche verstärkt.

Zum Schluss gab Adamske dem Konzertmeister Vater einen Faustgruß und zeigte damit, dass Barockmusik nicht trocken ist, wie manche Leute denken, sondern besonders spaßig und vielleicht auch etwas hip sein kann. Bei den Kantaten von Schweinitz und Bach konnten alle Stimmgruppen auf ganzer Linie überzeugen. 

Ein wahrlich feierlicher Abend, der einen vergessenen Teil der Göttinger Musikgeschichte wieder auflebte und Johann Friedrich Schweinitz alle Ehre machte.

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Jens Wortmann

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