Bereits das Plakat, mit dem für das neue Stück geworben wird, erweckt erste Gefühle von Düsterkeit und Bedrängnis. Endgültig kommen sie auf, als am vergangenen Mittwoch auf der Bühne des ThOP »Horror Stories« Premiere feiert. In acht aneinandergereihten, voneinander unabhängigen Kurzgeschichten taucht das Publikum ein in die Köpfe von gequälten Geistern und irren Persönlichkeiten. Es wird mitgenommen an dunkle Orte voller Dämonen oder verzauberte Labyrinthe aus Rosmarin.
Damit sich die Zuschauer:innen nicht selbst im Gewirr der Geschichten und Sinneseindrücke verlieren, leitet Niklas Theuer als Bibliothekar mit besonders starkem Ausdruck und der kurzweiligen Textfassung von Yasemin Leyla Dittmann wunderbar durch den Abend.
Mit dabei sind Ausschnitte aus bekannten Büchern wie Robert Louis Stevensons »Jekyll and Hyde« und Neil Gaimans »Coraline« oder der Serie Hannibal, für die Yasemin Leyla Dittmann, Niklas Theuer, Caro Biz, Henrike Möhle, William Müller, Lilian Haack, Lennart Kanitz und Sophia Heidenreich eigens Textfassungen kreiert haben. Daneben treten eigene Geschichten der Autor:innen David Gerson Rolinger, Julia Klumpe und Alexandra Lange. In »Clara« spitzt sich ein Familiendrama infolge eines Schicksalsschlages dramatisch zu und auch in »Hör nicht hin« wird durch eine psychisch kranke Mutter ein grausames Verbrechen begangen.
Besonders hervorzuheben ist an diesem Abend die schauspielerische Leistung von Tommy Czapla, der Dr. Henry Jekyll spielt. Die im wahrsten Sinne des Wortes wahnsinnige Gestik und Mimik sowie seine differenzierte Artikulation und Schreie sind markerschütternd. Auch der Ausschnitt aus »Der Horla« mit den Darstellenden Lisa Albrecht, Joleen Friedrichs, Anne-Sophie Heerdt und Vincent Sartorius ist sehr gut gelungen. Die Vier treten als Einheit auf, rezitieren messerscharf Passagen aus einem Tagebuch voller Delirium und sind super in Bewegung und Sprache aufeinander abgestimmt.
Immer wieder schaffen es die Schauspielenden, dass sich die Nackenhaare aufstellen oder ein eiskalter Schauer über den Rücken läuft.
Selbstverständlich wirkt noch eine Vielzahl weiterer Menschen an dem Stück mit, doch sie alle namentlich zu erwähnen würde den Rahmen sprengen. Man spürt deutlich, wie viel mühevolle Arbeit nicht nur auf der Bühne, sondern auch hinter den Kulissen durch Licht, Kostüm, Maske und Bühnenbild in die Produktion gesteckt wurde.
Insgesamt spielt das gesamte Ensemble des ThOP begeistert und strahlt merklich, als es am Ende mit kräftigem und langem Applaus bedacht wird.
Die Inszenierung des Regiekurses im Wintersemester 2022/23 »Horror Stories« hatte am 5. April 2023 Premiere im Theater im OP Göttingen. Weitere Vorstellungen stehen am 7., 8., 9., 11. und 13. April jeweils um 20.15 Uhr auf dem Spielplan.